Wer bei der Planung von Grossküchen nur die heutigen hohen Anschlusswerte der Geräte im Blick hat, neigt dazu, es mit der technischen Gebäudeausstattung zu übertreiben – insbesondere bei Lüftungsanlagen. Diese Erfahrung macht Gerhard Kramer, Techniker für Maschinenbau bei RATIONAL, immer wieder. Doch der Spezialist weiss auch: Diese Sichtweise ist veraltet und entspricht längst nicht mehr den technischen Realitäten. „Hohe Anschlusswerte werden oft missverstanden. Sie bedeuten heute nicht mehr zwangsläufig hohe Betriebskosten“, erläutert der RATIONAL-Ansprechpartner für Planer und Händler. Obwohl heutige Grossküchengeräte über wesentlich höhere Anschlusswerte verfügten als früher, verbrauchten sie aber deutlich weniger Strom, Gas und Wasser. Sie haben extrem kurze Vorheizzeiten und keinen Temperatureinbruch beim Ankochen – sind also wesentlich effizienter. Sowohl dreifach verglaste Türen und eine viel bessere Isolierung als auch die intelligente Klimaregelung sorgen zudem dafür, dass die Geräte erheblich weniger Wärme an die Umgebung abgeben. Ein entscheidender Faktor.

Kramers konkretes Beispiel ist die Entwicklung der Kippbratpfanne: „In den 1980er-Jahren betrug die Vorheizzeit einer Kippbratpfanne oft bis zu 45 Minuten, der Wirkungsgrad lag bei 30 Prozent. Heute ist ein vergleichbares Gerät dank der Anschlussleistung in etwa zweieinhalb Minuten betriebsbereit.“ Zudem sei nur noch ein Bruchteil an Gerätematerial mit aufzuheizen, wodurch die Geräte nicht über längere Zeiträume im Standby-Modus laufen müssten. Massgeblich sei der wesentlich grössere Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent bei der heutigen Gartechnologie.

Veraltete Normen treiben die Investitionskosten.

Ein wesentliches Problem bei der Planung von Grossküchen sieht Kramer in den veralteten Werten in Normen und Richtlinien, die vielfach akribisch befolgt würden. Die häufig eingesetzten Normwerte zur Berechnung von Anschlusswerten und Lüftungsanlagen stammen überwiegend aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Die Folge sind überdimensionierte, energieintensive Küchenlüftungen (zu grosse Lüftermotoren, unnötiges Heizen im Winter/Klimatisieren im Sommer). Ähnlich bei der Elektrofachplanung. Mangels Kenntnis würden hier für grosse Küchen oftmals unrealistisch hohe Gleichzeitigkeitsfaktoren von 0,7 für die elektrischen Spitzenleistungen angelegt. Dazu der Spezialist: „Tatsächlich liegen diese Werte heute nur bei etwa 0,3 bis 0,5.“

Die Folge seien überdimensionierte Stromleitungen, Transformatoren und Lüftungsanlagen, die hohe Mehrkosten beim Bau oder Umbau sowie im Betrieb verursachen. Messungen bestätigen realistische Gleichzeitigkeitsfaktoren von etwa 0,32 für den relevanten 15-Minuten-Spitzenwert. Dies senkt nicht nur die Kosten während der Bauphase durch geringeren Aufwand, sondern reduziert auch die jährlichen Betriebskosten erheblich, da Energieversorger die entscheidenden Bereitstellungskosten auf Grundlage der Spitzenleistung (Lastentgelt) berechnen.

Auf Hersteller ist Verlass.

Für die Planung verbindlich sei primär das Arbeitsstättenrecht, erklärt Kramer. Das Gesetz schreibt Raumtemperaturen zwischen 20 °C und 26 °C vor sowie bestimmte Luftfeuchtigkeitsgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Dagegen haben Normen wie EN 16282-1 und Richtlinien wie die VDI 2052 zu Raumlufttechnischen Anlagen für Küchen lediglich empfehlenden Charakter und müssen nicht zwingend eingehalten werden, betont der Fachmann.

Er empfiehlt stattdessen, sich auf Herstellerangaben zu verlassen, die die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) bestätige. „Die europäische Norm EN 16282-1 gibt sogar explizit vor, dass Herstellerangaben Vorrang vor Normwerten haben. Das wird in der Praxis oft ignoriert oder ist schlicht unbekannt“, kritisiert Kramer. Hersteller übernehmen für ihre Angaben Verantwortung und Haftung, sodass das Argument der Haftungspflicht gegenüber veralteten Normen nicht greife.

Spar-Beispiel der Extreme.

Als Beispiel erheblicher Einsparpotenziale nennt Kramer das Projekt einer Metzgerei nahe Regensburg: „Sie produziert täglich rund 3.000 Schulessen. Für ihre neue Küchenausstattung wurde ursprünglich eine Lüftungsanlage für 292.000 Euro angeboten – basierend auf veralteten Normwerten. Nach einer realistischen Kalkulation auf Grundlage der Herstellerangaben reduzierte sich diese Investition auf etwa 120.000 Euro.“ Da die Lüftungsanlage wesentlich kleiner dimensioniert wurde, entfielen auch die deshalb geplante Klimaanlage, die überdimensionierte Heizung sowie das grössere Lüftungsgerät auf dem Dach und die damit verbundene statische Anpassung. Der verringerte Bauaufwand verhinderte somit hohe Investitionssteigerungen. Den grössten Hebel zur besseren Energieeffizienz sieht Kramer in der korrekt angepassten Lüftungstechnik. Oftmals ergeben sich aufgrund der Normwerte Luftwechselraten von 60- bis 80-mal pro Stunde. Würde wirklich so oft die gesamte Raumluft ausgetauscht, entstünden immense Wärmeverluste im Winter sowie hohe Kühlkosten im Sommer. Zudem wären die Menschen in der Küche dabei stetig unangenehmer Zugluft ausgesetzt. Eine auf bedarfsgerechte Werte konzipierte Lüftungsplanung könne den Gesamt-Energieverbrauch drastisch senken und das Raumklima verbessern. In der Ursprungsfassung der VDI 2052 wiesen die Autoren zudem selbst darauf hin: „Raumlufttechnische Anlagen sind auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu dimensionieren.“

Normen auf dem Prüfstand.

Derzeit werde in Fachkreisen intensiv über eine Aktualisierung der Normen und Richtlinien diskutiert, berichtet Kramer. Noch existierten keine finalen einheitlichen Messverfahren zur Dokumentation realistischer Werte moderner Geräte. Die von RATIONAL vorgeschlagenen Messmethoden fänden jedoch zunehmend Anerkennung. Eine Überarbeitung sei dringend notwendig – für mehr Planungssicherheit und gegen Energieverschwendung. „Wir müssen dringend darauf achten, für künftige Generationen das Klima zu schützen. Energie nicht zu verschwenden, trägt dazu einen grossen Teil bei“, hebt Gerhard Kramer abschliessend hervor.

3 Experten-Tipps

1. Anschlusswerte der Hersteller für die Planung nutzen (EN 16282-1)

2. Massgeblich für die Planung einer Grossküche sind die Anforderungen der Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.5, nicht die veraltete Norm

3. Normen und Richtlinien wie „VDI 2052 Raumlufttechnik – Küchen“ haben nur empfehlenden Charakter

Der Gleichzeitigkeitsfaktor in der Planung

Der Gleichzeitigkeitsfaktor benennt, in welchem Umfang mehrere Geräte tatsächlich gleichzeitig elektrische Leistung beziehen, verglichen mit der theoretischen maximalen Gesamtanschlussleistung aller Geräte. Beispiel: Weisen in einer Grossküche zehn Geräte jeweils 20 kW Anschlussleistung auf, ergibt sich theoretisch eine Gesamtanschlussleistung von 200 kW. Da jedoch selten alle Geräte gleichzeitig mit voller Leistung laufen, wird ein Gleichzeitigkeitsfaktor angesetzt. Bei 0,7 werden maximal 70 Prozent der theoretischen Gesamtleistung gleichzeitig genutzt, also 140 kW. Die Messungen der Studie „Effizienzsteigerung gewerblicher Küchen“ ergeben realistische Gleichzeitigkeitsfaktoren moderner Grossküchengeräte zwischen 0,3 und 0,5. Dies reduziert Investition und Betriebskosten erheblich.

Frauke Brodkorb-Kettenbach.

Zur Person

Gerhard Kramer ist Techniker für Maschinenbau und seit mehr als 30 Jahren bei RATIONAL tätig. Er betreut Planer und Fachhandelspartner in technischen Fragen rund um die Planung und Anwendung von Gartechnik für Grossküchen