Herr Professor Greiner, wie sind Sie bei der Studie vorgegangen und welche Ziele haben Sie verfolgt?

Auslöser war eine vergleichbare Studie, die vor etwa zehn Jahren durchgeführt wurde. Unser Ziel war es, wissenschaftlich basiert praxisnahe Ergebnisse zu erzielen, indem wir nicht im Labor, sondern in einer realen Großküche gemessen haben. Die Studie wurde bei der Betriebsverpflegung der AXA Konzern AG in Köln durchgeführt, betrieben von Eurest. Wichtig war, dass wir eine realistische Umgebung mit typischen Abläufen und Mitarbeitern hatten. Nur so werden die Ergebnisse auf andere Betriebe übertragbar. In einem Labor etwa können wir die Realität nicht nachstellen. Wichtig sind auch die jeweiligen Entscheidungen der Teammitglieder in der Küche: Wann nutzen sie welches Gerät wie lange und warum nicht ein anderes?

Wie haben Sie sichergestellt, dass die Messergebnisse vor uns nach Küchenumbau vergleichbar sind?

Dazu fanden beide dreimonatigen Messphasen in ähnlichen saisonalen Zeiträumen statt, mit nahezu identischen Rezepturen und einem vergleichbaren Speiseplan. Kleinere Abweichungen minimieren sich durch die langen Messzeiträume. Auch die Personalstruktur hat sich nicht verändert. Zusätzlich haben wir Referenzgerichte definiert, darunter beispielsweise Gulasch mit Penne, Hähnchenbrust mit Spitzkohl und Schupfnudeln sowie zwei vegetarische Gerichte, um auch eine detaillierte, einheitliche Grundlage für Vergleiche zu schaffen. Kleinere Abweichungen aufgrund der veränderten Prozesse – Kombidämpfer zum Nudelgaren statt großem Kipper, Vorproduzieren, Chillen, Regenerieren von Komponenten – wurden dabei akribisch dokumentiert. Denn genau diese Veränderungen waren ja neben den Energie- und Wasserverbräuchen Teil der Studie.

Welche Herausforderungen ergaben sich bei der Messung?

Zum Beispiel, dass sich die Küchenprozesse mit der neuen Gerätetechnologie verändert haben. So wurde teilweise auf Cook & Chill-Verfahren umgestellt, was natürlich den Energieverbrauch über den gesamten Prozess beeinflusst.

Zwar wurde in der alten Küche auch gelegentlich ein Chiller verwendet. Jedoch nicht als fester Prozessschritt. In der neuen Küche ist Vorproduzieren, also zeitversetztes Garen, Teil des Konzepts und macht folglich einen höheren Anteil aus.

Unregelmäßigkeiten, etwa durch defekte Geräte oder Bedienfehler, wurden dokumentiert und berücksichtigt. Wir haben bewusst nicht in die Prozesse eingegriffen, niemanden in seinem Tun korrigiert, sondern die Abläufe realitätsnah beobachtet und dokumentiert, um valide Ergebnisse zu erhalten.

Wie viele Ressourcen hat die neue Küchentechnik eingespart?

Insgesamt haben wir einen um 24,1 Prozent gesenkten Energieverbrauch je Mahlzeit gemessen. Beim Wasserverbrauch (warm und kalt) wurden sogar je Mahlzeit 47,9 Prozent eingespart. Letzterer resultiert zum Großteil aus den effizienteren Reinigungsverfahren der neuen Geräte. Beispielsweise verbraucht ein neuer Kombidämpfer mit automatischer Reinigung etwa 50 Liter Wasser pro Reinigung, während ein traditioneller Kessel für die Reinigung schon auch mal 350 Liter benötigt.

Welche Faktoren haben konkret Energie gespart?

Das sind mehrere Faktoren. Zunächst sind die neuen Geräte viel besser isoliert. Zweitens spielt die effizientere und smarte Steuerung und Regelung der Geräte eine entscheidende Rolle. Die Geräte stellen exakt nur so viel Energie bereit, wie benötigt wird. Drittens ist der geringere Materialeinsatz bei modernen Geräten relevant. Es wird schlicht viel weniger Masse aufgeheizt. Die Menge an Stahl in einem herkömmlichen Kipper übertrifft die Materialmenge im multifunktionalen Kochsystem iVario ganz erheblich. Schließlich ermöglicht die neue Technik auch neue, effizientere Arbeitsprozesse, die zusätzlichen Energieverbrauch vermeiden.

Wie beeinflusst die Spitzenlast die Energiekosten einer Küche?

Die Spitzenlast wird in 15-Minuten-Intervallen gemessen und ist entscheidend für die monatliche Bereitstellungsgebühr der Energieversorger. In diesem Fall reduzierte die neue Technik die Spitzenlasten deutlich, was langfristig die Kosten erheblich senkt. Die Höhe der Spitzenlast bestimmt in der Regel maßgeblich die monatlichen Energiekosten: Berechnungsgrundlage ist der höchste Wert innerhalb eines Monats.

Gibt es weitere Einsparpotenziale in der untersuchten Küche?

Ja, durchaus. Beispielsweise wurden Cook & Chill-Prozesse noch nicht vollständig optimiert. Zudem könnten gezielte Schulungen und Prozessoptimierungen weitere Einsparungen realisieren. Eine konkrete Aussage zur Höhe der möglichen Einsparungen wäre nicht seriös. Werden etwa neue Prozesse nicht konsequent eingehalten, fließen auch diese Daten in die Messung ein: Vergisst jemand, 20 Kilo Hähnchenschenkel am Vorabend zum Auftauen aus der Tiefkühlung zu nehmen, müssen sie fürs Mittagessen vom gefrorenen Zustand aus gegart werden. Kein optimaler Prozess, aber die Realität. Keine Frage: In einer Küche in voller Aktion steht die Gästezufriedenheit im Fokus, nicht der Ressourcenverbrauch.

Welche Rolle spielen Teamschulungen zum Einführen neuer Technik?

Sie sind entscheidend. Es geht dabei nicht darum, wie die neuen Geräte zu bedienen sind. Inhalt sind vielmehr neue Möglichkeiten bei Timing, Start am Morgen und gleichzeitigem Garen unterschiedlicher Produkte. Mit den Geräten müssen neue Routinen etabliert werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die neue Technik auch optimal qualitätsorientiert und ressourcenschonend genutzt wird. Schulungen sollten regelmäßig erfolgen, um ein Zurück zu alten Routinen zu verhindern.

Was sind Ihre drei Schlüsselargumente für eine Investition in moderne Küchentechnik?

Erstens sind die nachgewiesenen Einsparungen bei Energie und Wasser ein entscheidendes wirtschaftliches Argument. Zweitens erleichtert moderne Technik den Arbeitsalltag der Teams in den Küchen erheblich, was angesichts des Fachkräftemangels besonders wichtig ist. Drittens ermöglicht die Technik, die Produktqualität deutlich zu verbessern, beispielsweise durch kürzere Warmhaltezeiten und schonendere Zubereitung.

Also werden nicht nur Ressourcen, sondern auch Nerven geschont?

Richtig angewendet, spart das Just-in-Time-Finishen ja auch Foodwaste – ein weiterer wirtschaftlicher Aspekt sowie ein Punkt für den Klimaschutz. Das viel entspanntere Arbeiten der Teams, wenn die Produktionsprozesse zeitversetzt organisiert werden können, erhöht gleichzeitig die Produktqualität: Früher wurde in manchen Küchen um 6 Uhr früh angefangen, um 8 Uhr waren dann bereits die ersten Komponenten fertig zubereitet und wurden teils stundenlang bis zur Ausgabe warmgehalten.

Heute plant die neue Küche von der Ausgabe, also vom Gast her: Um 11:30 Uhr beginnt die Ausgabe, das heißt, es genügt ein Vorlauf von 10 Minuten, um ein Bratblech mit frischen Hühnerfilets in den Kombidämpfer zu schieben. Die Nachproduktion verläuft fließend parallel zur Ausgabe und sorgt für minimale Warmhaltezeiten bis auf den Teller. Die Stärkebeilage wurde am Vortag vorgegart und gechillt. Sie ist – auch im Kombidämpfer – in wenigen Minuten servierfertig und frischer als nach der Produktion am Ausgabetag mit längeren Warmhaltezeiten.

Was bedeuten Ihre Studienergebnisse für das Gastgewerbe insgesamt?

Die Studie zeigt praxisnah und unter realistischen Bedingungen das Einsparpotenzial moderne Küchentechnik. Die Ergebnisse sind auf andere Betriebe übertragbar. Die Prozesse und Herausforderungen in Großküchen sind ja vergleichbar. Die Erkenntnisse können Entscheidern in Hotellerie, Gastronomie und Gemeinschaftsgastronomie helfen, fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen und ihre Betriebe nachhaltig wirtschaftlicher und effizienter zu gestalten – und damit auch arbeitnehmerfreundlicher.

Die Fragen stellte Frauke Brodkorb-Kettenbach.

Zur Person

Der studierte Oecotrophologe Michael Greiner hat zum Thema „Mikrowelle und Dampf zur Zubereitung von Lebensmitteln“ promoviert und war 12 Jahre in der Geräteentwicklung tätig. Seit 15 Jahren hält er den Lehrstuhl für Systemgastronomie und Catering an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Schwerpunkte sind Verpflegungstechnik und Versorgungsmanagement.